Reaktionen der deutschen Clubszene auf das Hamas-Massaker
Die monströsen Attacken der Hamas-Bestien brachten neben dem Irrtum, die Grausamkeit des Daesh wäre nicht überbieten, einen weiteren Irrtum meinerseits zutage, und zwar als ich in Erfahrung bringen wollte, wie die Clubszene reagiert.
Zum besseren Verständnis für eher Nichteingeweihte zunächst der Hintergrund - das Festival wurde vom brasilianischen Veranstalter Tribe Of Nova, der das Universo Paralello Festival in Ituberá (Bahia, Brasilien) ausrichtet, als "Universo Paralello Israel Edition" unter dem Namen bzw. Motto "Supernova Sukkot Gathering" nahe dem Kibbuz Re'im organisiert.
Das Leitmotto des Tribe Of Nova ist dies: »Of creativity and boldness and a deep respect for nature, utopia is the key and the secret. The real gateway to an authentic parallel universe.« Der auf den Festivals präferierte Musikstil wird Psytrance als Kurzform für Psychedelic Trance genannt, siehe hier: https://de.wikipedia.org/wiki/Psytrance.
Mein zweiter Irrtum nach dem eingangs erwähnten besteht in der irrigen Annahme, dass nach einem solch bestialischen Gewaltexzess ein Aufschrei des Entsetzens und der Wut durch die Clubszene ginge, wie es nach dem Daesh-Massaker im Bataclan im Novemer 2015 und nach dem Attentat auf den Pulse-Nachtclub in Orlando im Juni 2016 war. Weit gefehlt - der größere Teil der Szene duckt sich weg, die Prominenteren melden sich - in der Regel auf Instagram, manche auf X - zu Wort, zum Beispiel Damian Lazarus, eine britische Techno-Größe. Natürlich ist sein Herz gebrochen, gleichwohl sieht er sich gehalten, Israel und die IDF zur Mäßigung aufzurufen: »I feel so powerless as I watch the incessant bombing of Gaza and I hope that the targets are restricted to military bases and hideouts as promised - but clearly this is not the case and the destruction of innocent lives in Gaza is just as upsetting and abhorrent.«
https://www.instagram.com/p/CyMEFGOLTb_/
Auch Dr. Motte gibt im Namen des Teams der rave the planet gGmbH »Gedanken zum Angriff auf das Supernova Festival & Appell an die Menschlichkeit« zum Besten: »Wir verurteilen solche Angriffe grundsätzlich und auf das Schärfste, unabhängig davon, von welcher Seite sie ausgehen mögen und was sie motiviert. [...] Dies gilt auch für alle übrigen menschen- und völkerrechtswidrigen Angriffe, egal, ob man sie Krieg, Terroranschlag, Spezialoperation oder Vergeltungsschlag nennt. Und das gilt im gleichen Maße für jede mögliche Reaktion auf solche Angriffe, die gegen internationales Recht verstoßen.« Da fehlt eigentlich nur noch eine förmliche Rechtsbelehrung, von Dr. Motte den IDF per Einschreiben mit Rückschein zugestellt.
https://www.ravetheplanet.com/supernova-sukkot-gathering-2023/
Sven Väth hingegen hält sich da eher allgemein, der Herr badet wohl gern lau (frei nach Herbert Wehner): »Our hearts go out to you during this difficult time. The images and videos of the trance festival were deeply shocking and appalling.«
https://www.instagram.com/p/CyLgyENtjL9/
Es geht natürlich auch bemerkenswert egozentrisch - auf dem Festival sollten mit Ectogasmics und Protonica auch zwei deutsche Acts auftreten, die mittlerweile beide wohlbehalten in Deutschland angekommen sind. Von Ectogasmics gibt es bis zur Stunde keine Rückmeldung, vom Berliner DJ-Duo Protonica sollte nur Piet Kaempfer auflegen, was er aber nicht getan hat, wie er die Welt wissen lässt - 36 der 69 Worte seines Instagram-Eintrags, den er wortgleich auf FB wiederholte, widmen sich seinem Glück, verschont worden zu sein: »I was so lucky that I didn't go there and returned home safely (I was supposed to play there in the afternoon so I stayed in Tel Aviv. The massacre happened in the morning at sunrise).« Aber immerhin ist er völlig devastated und seine thoughts sind bei den Teilnehmern und ihren Familien - hier nachzulesen:
https://www.instagram.com/p/CyKpVnbimgs/
Sofern sie nicht sowieso schweigen, fällt bei den prominenteren Protagonisten der Clubszene auf, dass sie sich bei der Kommentierung des Massakers von Re'im eher lauwarm bis unverbindlich geben, was die Vermutung nahelegt, dass sie tunlichst darum bemüht sind, bloß keine Stellung zu beziehen, um es sich ja nicht mit einer der beiden Seiten zu verscherzen. Das könnte ja unter Umständen pekuniäre Folgen haben. Das veranlasste den israelischen DJ und Producer Moscoman zur fast schon verzweifelt klingenden Nachfrage: »Leider sind mehr als drei Tage vergangen und keiner der Berliner Clubs hat auch nur ein Wort über die Gräueltaten verloren, die 500 Menschen widerfahren sind, die zum Tanzen gingen und nie wieder nach Hause kamen. Abgeschlachtet, vergewaltigt, gefoltert und gekidnappt.« https://www.instagram.com/p/CyOauBiLsqp/. Über Moscoman: https://www.byte.fm/artists/moscoman/
Es gibt aber in der Clubszene auch eine Fraktion, die offen die Partei der Hamas ergreift und das Massaker der Hamas-Bestien für "antikolonialen Befreiungskampf" hält, wofür hier drei Exempel stehen sollen. Das widerlichste Beispiel bot die kanadische DJ Ciel (den Begriff DJane benutzt man in der Szene nicht mehr): »In the last several days we have witnessed the active decolonization of Palestinian land led by the Palestinian resistance. On October 7th, Gaza broke free.«
Hier ein Screenshot: https://tinyurl.com/djciel-hamas. Ciel bei Wikipedia: https://en.wikipedia.org/wiki/Ciel_(musician)
Juliana Huxtable, zwischen New York und Berlin pendelnd und demnächst wieder im Berghain präsent, teilte einen Aufruf zum Aufmarsch der Massaker-Sympathisanten, der am 11.10 in Neukölln stattfinden sollte, mit der Kommentierung »Wir informieren über kommende Schritte, um Palästina in Berlin auf die Straße zu bringen.« Das Bemerkenswerte an Huxtables Haltung ist, dass sie trans und queer ist - was glaubt die wohl, hätte sie unter der Obhut der Hamas zu erwarten?
Erstaunlich ist auch das Statement von Sara Svanholm, die als Mama Snake auftritt. Sie - eine bekennende BDS-Unterstützerin, teilte in einer Instagram-Story einen Beitrag, der das Massaker an den friedlichen, einfach nur einen fröhliche Tage haben wollenden Menschen als »Kampf für Leben, Würde und Freiheit« und für »die Vorstellung, dass andere Welten möglich sind« deklarierte. »Abgeschlachtet, vergewaltigt, gefoltert und gekidnappt« ( Moscoman) - ist das die "andere, mögliche Welt, die Sara Svanholm aka Mama Snake sich vorstellt? Zu allem Überfluss war sie zu dämlich, beim Teilen die richtige Flagge zu posten, zu klebte die jordanische statt der palästinensischen Flagge an. Die Frau ist hauptberuflich Ärztin!
https://www.sueddeutsche.de/muenchen/dj-blitz-club-muenchen-sara-svanholm-hertzkammer-1.5931181. Ich erspare der Leserschaft die Erörterung, ob sich diese Haltung mit der hippokratischen Ethik vereinbaren lässt.
DJ Ciel, Huxtable und Svanholm sind keine Superstars, aber in der Szene sehr bekannt und in Berlin regelmäßig im Berghain und in anderen Clubs präsent. Alle drei haben ihre Beiträge gelöscht, vermutlich als sie in den Medien publik wurden und die Damen irgendwie ahnten, dass ihr virtueller Dreck möglicherweise ihrer Karriere nicht wirklich dienlich sein würde. Nur Ciel hat das Pech, dass der Screenshot erhalten geblieben ist. Mich verblüfft die offensichtlich absolute Empathielosigkeit der drei, von denen DJ Ciel und Svanholm zudem auf Psytrance spezialisiert sind - einerseits hinsichtlich der Gewalt gegen Frauen und Kinder, andererseits gegenüber denen, die eigentlich ihre musikalische Klientel und als zahlende Kundschaft quasi die Geschäftsgrundlage ihres Gewerbes waren (und die Entführten hoffentlich noch sind).
Bewertungen der Reaktionen in der Clubszene (chronologisch)